Was ist Neuropsychologie?

Die Neuropsychologie beschäftigt sich mit den Funktionen des Gehirns, wie dem Denkvermögen (bzw. der Intelligenz), der Aufmerksamkeit, dem Gedächtnis, dem Sprachvermögen, den motorischen Fertigkeiten etc. Die klinische Neuropsychologie befasst sich in erster Linie mit Diagnose und Therapie der Folgen, die erworbene Hirnschädigungen auf die psychischen Funktionen des Menschen haben. 

Dabei wird zwischen Einbussen geistiger (kognitiver) Funktionen, Störungen des emotionalen Erlebens und des Verhaltens unterschieden. Ziel ist es, die aus einer Schädigung oder Erkrankung des Gehirns resultierenden kognitiven, emotionalen und motivationalen Störungen sowie die daraus folgenden psychosozialen Beeinträchtigungen und Aktivitätseinschränkungen der Patient*innen zu erkennen und zu beseitigen oder soweit wie möglich zu verringern. 

Die individuellen Störungsbilder nach Hirnschädigung sind meist sehr komplex, da verschiedene kognitive und affektive Funktionen in unterschiedlichen Konstellationen und Auswirkungen betroffen sind. Die Besonderheit der hirnorganischen Störungen nach Verletzungen oder Erkrankungen des Gehirns liegt darin, dass das übergeordnete Wahrnehmungs-, Handlungs- und Steuerungsorgan des Menschen, also das Gehirn selbst, der Ort der Verletzung/Schädigung/Erkrankung ist und dabei kognitive Leistungsfähigkeit und Gefühlssteuerung beeinträchtigt sind. Inzwischen gibt es in der internationalen Literatur eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien, die belegen, dass Hirnschädigungen und ihre Folgen erhebliche Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben und häufig eine soziale und berufliche (schulische) Reintegration erschweren bzw. verhindern.

Dieses hängt insbesondere mit neuropsychologischen Störungen wie z.B. mangelnde Flexibilität, unrealistische Selbsteinschätzung, mangelnde psychophysische Belastbarkeit sowie mit einer längeren Genesung als bei anderen Erkrankungen zusammen und führt dazu, dass unbehandelt nur ein geringer Anteil dieser Patient*innen ins alte Berufsfeld zurückfindet. Diese negative Bilanz lässt sich durch gezielt für diese Patientengruppe entwickelte neuropsychologische Behandlungsprogramme deutlich verbessern.

Welche Störungsbilder werden behandelt?

Diagnosen
Bei der neuropsychologischen Therapie handelt es sich um ein wissenschaftlich begründetes psychologisches Therapieverfahren, das zur Behandlung von organisch bedingten psychischen Störungen zum Einsatz kommt. Dies sind zum einen Unfallfolgen wie Schädelhirntraumata bei Erwachsenen und Kindern/Jugendlichen, Gehirnerschütterungen, Folgen von Vergiftungen oder Sauerstoffmangel, also toxische und hypoxische Schädigungen des Gehirns. Zum anderen zählen Folgen von Schlaganfällen und entzündliche Erkrankungen des Gehirns (z.B. Encephalitis), Multiple Sklerose, Folgen raumfordernder Prozess (Tumoren) und deren Behandlung, vaskuläre und degenerative Demenzformen, Morbus Parkinson und Epilepsien zu den Störungsbildern, die einer neuropsychologischen Behandlung bedürfen. Auch internistische Erkrankungen wie schwer einstellbarer Diabetes, Hepatitis C, u.a. können zu hirnorganischen Veränderungen führen, welche einer neuropsychologischen Diagnostik und Behandlung bedürfen. Bedarf für neuropsychologische Maßnahmen kann gelegentlich auch bei Schizophrenie, affektiven Störungen wie Depression, Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen auf der Basis hirnorganischer Störungen, Intelligenzminderung, Entwicklungsstörungen und ADHS bestehen. 

Symptome
Erkrankungen und Verletzungen des Gehirns können körperliche Symptome wie z.B. Lähmungen und/oder Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit, des Gefühlserlebens oder des Sozialverhaltens nach sich ziehen. Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Schwierigkeiten, den privaten wie beruflichen Alltag selbständig zu bewältigen, mangelnde Kontrolle z.B. aggressiver Impulse zeigen sich häufig erst nach der Entlassung aus der Klinik in der komplexen Alltagssituation oder beim Versuch, die Arbeit wieder aufzunehmen. Manchmal unterschätzen Betroffene ihre Einschränkungen, während diese von Familienangehörigen oder Arbeitskolleg*innen deutlicher wahrgenommen und als problematisch und belastend erlebt werden. Umgekehrt kommt es auch vor, dass Patient*innen und Angehörige die Schwierigkeiten überschätzen und Patient*innen nicht so selbständig sind, wie sie es sein könnten. Der Umgang mit dem veränderten Leistungsvermögen und problematischen Verhalten führt die Betroffenen und ihre Angehörigen oft an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. In der Folge kann es zu erhöhter Anspannung, Depressionen und Ängsten kommen. Die Betroffenen selbst, aber auch Freunde und Bekannte ziehen sich in dieser Situation oft zurück und es besteht die Gefahr der sozialen Isolation. Prinzipiell sind diese Folgen von Hirnschädigung behandelbar.